Stiften mit Langzeitwirkung

Zehn Jahre ist es her, dass die Stiftung Mercator ihre Partnergesellschaft Deutsch-Türkische Jugendbrücke ins Leben gerufen hat. Seitdem haben über 20.000 Jugendliche, Lehrkräfte und Jugendarbeiterinnen und -arbeiter an ihren Programmen teilgenommen. Ein Erfolg unter schwierigen Rahmenbedingungen. Zeit für einen Rückblick.

„Wir fördern und beraten Schulen, Vereine und Kommunen, die Austauschprojekte mit türkischen Partnern umsetzen“, so fasst Geschäftsführer Daniel Grütjen die Arbeit der Jugendbrücke zusammen. Ob gegenseitige Besuche von Schulklassen und Jugendgruppen oder gemeinsame Fortbildungen von Fachkräften: Voraussetzung für eine Förderung durch die Jugendbrücke ist die Zusammenarbeit von Organisationen aus beiden Ländern. Und diese Zusammenarbeit trägt Früchte. Nach Aufenthalten in Deutschland gründen junge Menschen in Çanakkale und im Istanbuler Bezirk Atasehir Jugendparlamente. Lehrkräfte aus beiden Ländern entwickeln Methoden zum Umgang mit kultureller Diversität in Klassenzimmern. Jugendliche erforschen gemeinsam jüdisches Leben in Berlin und Istanbul oder verjüngen Wälder in Brandenburg und Muğla. Im Vordergrund stehen der Dialog und das Voneinander-Lernen. Die Dichte der deutsch-türkischen Beziehungen schafft dabei ein Umfeld, das zu einem Perspektivwechsel einlädt. „Ergebnis ist auch, dass Jugendliche einen kritischen Blick auf die eigene Gesellschaft werfen“, betont Grütjen. „Im Zwischenmenschlichen zeigt sich das Potenzial deutsch-türkischer Kooperation.“

Im Ausland die eigene Gesellschaft verstehen lernen

Egal mit welchem Land: Austausch macht junge Menschen selbstbewusster und trägt dazu bei, dass sie zu weltoffenen Bürgerinnen und Bürgern heranwachsen. Begegnungen mit Gleichaltrigen aus der Türkei bringen jungen Menschen zusätzliche Vorteile. „Unsere Programme helfen Jugendlichen, Vielfalt auch im eigenen Land besser zu verstehen, weil sie die Diversität türkischstämmiger Communities kennenlernen. Nach einem Aufenthalt in der Türkei sehen Jugendliche die Berliner Oranienstraße oder die Kölner Keupstraße mit anderen Augen“, betont Grütjen. „Im Ausland die eigene Gesellschaft verstehen lernen; das gibt es so nur mit der Türkei.“ Besondere Vorteile birgt deutsch-türkischer Austausch für Jugendliche mit internationaler Familiengeschichte. Diese erleben im Alltag häufig, dass ihre interkulturellen Fähigkeiten nicht wertgeschätzt und ihre Sprachkenntnisse als „Integrationshindernis“ gewertet werden. „In unseren Projekten werden sie sich ihrer Sprachkompetenzen und interkulturellen Fähigkeiten bewusst und übernehmen Verantwortung. Das regt auch zur gesellschaftlichen Teilhabe an“, berichtet Alina Karadeniz. Die Projektmanagerin arbeitet seit deren Gründung bei der Jugendbrücke und ist für den schulischen Austausch zuständig. „Wir erreichen mit unserer Förderung alle weiterführenden Schulformen, bemühen uns aber besonders, sog. ‚Brennpunktschulen‘ einzubinden. Leider gilt schulischer Austausch an diesen Schulen immer noch als unnötiger Luxus. Die Schüler:innen hätten schließlich andere Probleme“, so Karadeniz. „Doch gerade für ihre Persönlichkeitsentwicklung ist ein internationaler Austausch häufig ein Schlüsselerlebnis.“ Dabei hört Karadeniz oft die Frage, warum es sinnvoll sei, türkischstämmige Jugendliche in einen Austausch mit Gleichaltrigen in der Türkei zu bringen. „Viele Jugendliche kennen die Türkei nur aus den Erzählungen von Familie und sozialem Umfeld. In einem Austausch treten sie mit Gleichaltrigen in den Dialog und erleben die Realität der türkischen Gesellschaft. Einer Gesellschaft, die wie die deutsche durch kulturelle Vielfalt und zunehmend durch Migration geprägt ist.“ Jungen Menschen in beiden Ländern den Mehrwert einer pluralistischen Gesellschaft zu vermitteln und Rassismus, Islamophobie und Antisemitismus zu bekämpfen, ist Schwerpunkt der Jugendbrücke. „Dieser Kampf ist schwieriger, aber wichtiger geworden.“

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